Forensische Medizin Rechtsmedizin

Zu den Dienstleistungsaufgaben der Forensischen Medizin gehört neben der Untersuchung von Todesfällen auch die Begutachtung von lebenden Menschen. Ausserdem werden Aktengutachten zu diversen Fragestellungen erstattet. Demzufolge gliedert sich der Fachbereich in die Forensische Pathologie und die Klinische Rechtsmedizin.

Beschreibung

Forensische Pathologie

Die Forensische Pathologie beschäftigt sich im Wesentlichen mit der Aufklärung aussergewöhnlicher Todesfälle (agT). Die Untersuchungen werden hauptsächlich im Auftrag der Staatsanwaltschaft und in enger Kooperation mit den Ermittlungsbehörden durchgeführt.

Im Mittelpunkt der Ermittlungen stehen:

  • Todesursache

  • Todesart

  • Identität

  • Todeszeit

Die ärztlichen Mitarbeitenden des Instituts für Rechtsmedizin sind von der Regierung als Amtsärzte gewählt und rund um die Uhr im Pikettdienst. Der Dienstarzt kann jederzeit über die kantonale Notrufzentrale aufgeboten werden.

Die rechtsmedizinische Tätigkeit bei einem aussergewöhnlichen Todesfall beginnt häufig am Ereignis- oder Fundort mit der Legalinspektion der Leiche. Am Ende der Legalinspektion bespricht der Rechtsmediziner mit dem zuständigen Staatsanwalt die forensische Indikation für eine rechtsmedizinische Autopsie.

Klinische Rechtsmedizin

Die rechtsmedizinische Untersuchung von lebenden Personen umfasst:

  • Gerichtsverwertbare Dokumentation und Beurteilung von Verletzungen hinsichtlich Entstehung, Schwere und Gefährlichkeit

  • Sicherung von Spuren für kriminaltechnische und forensisch-genetische Untersuchungen

  • Sicherstellung von Blut-, Urin- und Haarproben für forensisch-toxikologische Untersuchungen

  • Abklärung einer zentralnervösen Beeinträchtigung durch Alkohol, Medikamente und Drogen

  • Beurteilung der Handlungs- und Schuldfähigkeit sowie der Urteilsfähigkeit

Das Institut für Rechtsmedizin erstattet ausserdem wissenschaftlich begründete Aktengutachten bei strafrechtlichen, zivilrechtlichen und versicherungsrechtlichen Fragestellungen.

Blutspurenmuster-Verteilungsanalyse (Lehre von Geweben)

Die Blutspurenmuster-Verteilungsanalyse stellt die Untersuchung von Formen, der Verteilung, der Kategorisierung und der Interpretation tatrelevanter Blutspuren dar.

Die Blutspurenmuster-Verteilungsanalyse ist eine wesentliche, zum Teil ergänzende, zum Teil am Ausgangspunkt der Untersuchungen stehende Methode für die rechtsmedizinische und spurenkundliche Befunderhebung. Durch die Einbeziehung von Verletzungs- und Obduktionsbefund, einer genauen Tatortanalyse einschliesslich molekulargenetischer Untersuchungen, stellt sie ein wesentliches Element der rechtsmedizinischen Tatrekonstruktion dar.Das Institut für Rechtsmedizin verfügt über die entsprechende Expertise zur Blutspurenmuster-Verteilungsanalyse und stützt sich dabei auf die von der International Association of Bloodstain Analysis (IABPA) und der Arbeitsgruppe zur Blutspurenmuster-Verteilungsanalyse der Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin vorgegebenen Standards.Beispiele aus der Nomenklatur der Blutspuren-Analytik:

  • Ablaufmuster – Flow pattern

  • Abdruckspur, Kontaktspur – Transfer stain (contact pattern)

  • Arterielles Spritzmuster – Arterial spurting (or gushing) pattern

  • Auftreff-Spritzmuster – Impact pattern

  • Auftreffwinkel – Angle of impact

  • Ausgeatmetes Blut – Exspiration pattern

  • Beschleunigungsmuster – Projected pattern

  • Blutlache – Pool

  • Blutschüppchen – Flakes

  • Blutspritzschatten – Void

  • Durchwischspur – Wipe pattern

  • Fadenförmige Ausziehspur – Spine

  • Flugbahn – Flight pattern

  • Konturenspur – Perimeter stain

  • Passive Blutspur – Passiv drop

  • Rückwärtsspritzer – Backspatter

  • Satellitenspritzer, Sekundärspritzer – Satellite stain

  • Schleuderspur – Cast-off pattern

  • Schwallmuster – Splash pattern

  • Spritzspur – Spatter stain

  • Tropfmuster – Drip pattern

  • Ursprungsort –Area of origin

  • Vorwärtsspritzer – Forward spatter pattern

  • Wischspur – Swipe pattern

Forensische Histologie

Die mikroskopische Beurteilung von Gewebeproben, die sogenannten feingeweblichen oder histologischen Untersuchungen, sind Bestandteil der Autopsie.

Im Rahmen der Autopsie werden von allen inneren Organen und allfälligen Verletzungen kleine Proben entnommen und in eine Fixierlösung eingelegt. Nach Aushärtung werden davon hauchdünne Schnitte angefertigt, auf Glasobjektträger aufgezogen und je nach Fragestellung mit unterschiedlichen Methoden gefärbt. Anschliessend erfolgt die mikroskopische Untersuchung der so hergestellten Schnittpräparate.Warum ist die forensische Histologie für rechtsmedizinische Leichenuntersuchungen so wichtig?

  • Feingewebliche Untersuchungen dienen der Überprüfung der Obduktionsbefunde und damit der

    Qualitätssicherung

  • Durch mikroskopische Untersuchungen können krankhafte Veränderungen an den inneren Organen

    diagnostiziert werden, die weder mit blossem Auge (makroskopisch) noch mit modernen radiologischen Verfahren wie Computertomographie oder Kernspintomographie erkennbar sind

  • Die forensische Histologie dient dem Nachweis der Vitalität einer Verletzung. So belegt z.B. der mikroskopische Nachweis einer zellulären Reaktion am Rand einer Wunde zweifelsfrei, dass die Verletzung zu Lebzeiten und nicht erst nach dem Tod entstanden ist

  • Durch Anwendung verschiedener konventioneller und immunhistochemischer Färbungen kann mikroskopisch das

    Alter einer Wunde näher eingegrenzt werden. Durch die forensische Histologie kann somit überprüft werden, ob sich die Verletzung zeitlich einem bestimmten traumatischen Ereignis zuordnen lässt.

Postmortale Bildgebung

In der Forensischen Pathologie stellen bildgebende Verfahren bei bestimmten Fragestellungen eine wichtige Ergänzung zur Autopsie dar.

Die postmortale Computertomographie dient insbesondere dem Nachweis und der dreidimensionalen Darstellung von Läsionen am Skelettsystem sowie der Rekonstruktion von penetrierenden Verletzungen wie Stich- und Schusskanälen. Weichteilveränderungen oder Verletzungen an parenchymatösen Organen lassen sich postmortal gut mithilfe der Magnetresonanztomographie (MRT) nachweisen.

Forensische Todeszeitschätzung

Die Bestimmung der Todeszeit ist eine wichtige Aufgabe im Rahmen der rechtsmedizinischen Leichenuntersuchungen. Die Angaben werden für die Ausstellung der Todesbescheinigung benötigt.

Die Angaben können auch kriminalistisch von Bedeutung sein und eine wichtige Information für die polizeiliche Ermittlungsarbeit bei Deliktverdacht darstellen. Gelegentlich ist die ermittelte Todeszeit für die Festlegung der Erbfolge erforderlich.Möglichkeiten und GrenzenDie Möglichkeiten der Todeszeitschätzung werden durch die fortschreitenden postmortalen Autolyse- und Fäulnisprozesse limitiert, die wiederum von den äusseren Bedingungen, in erster Linie von der Umgebungstemperatur, abhängen. Während im frühen postmortalen Intervall die Sterbezeit durch Anwendung verschiedener Methoden in günstig gelagerten Fällen noch auf wenige Stunden genau eingegrenzt werden kann, sind bei einsetzendem Verwesungsprozess anhand der Leichenveränderungen zumeist keine verwertbaren Angaben zu Todeszeit mehr möglich.MethodenDie zur Schätzung der Liegezeit üblicherweise herangezogenen Einzelkriterien, wie Ausprägungsgrad der Leichenstarre oder Beschaffenheit der Totenflecke, sind wegen der sehr ausgeprägten Streuung im Hinblick auf die zeitlichen Grenzen unter forensischen Gesichtspunkten unzureichend. Zuverlässige Aussagen können nur durch Anwendung des integrierten Verfahrens zur Todeszeitschätzung getroffen werden. Dieses Verfahren kombiniert verschiedene Methoden, setzt jedoch entsprechende Erfahrung und eine apparative Ausstattung voraus. Daher sollte bei Deliktverdacht oder dubiösen Auffindesituationen schon allein aus Gründen der Todeszeitbestimmung ein Rechtsmediziner hinzugezogen werden.Routinemethoden

  • Totenflecke: Beginn, Konfluktion, Maximum, Wegdrückbarkeit

  • Totenstarre: Beginn, Maximum

  • Elektrische Erregbarkeit der mimischen Muskulatur (Grad I-VI)

Temperaturmethode

  • Rektaltemperatur (Messung 8 cm ab ano)

  • Umgebungstemperatur

  • Beachtung von Korrekturfaktoren abhängig von äusseren Faktoren wie Konstitution, Lage der Leiche, Kleidung, Feuchtigkeit, Luftzug, Untergrund

Ergänzende Methoden

  • Idiomuskulärer Wulst, Sehnenphänomen

  • Verlagerbarkeit der Totenflecke

  • Wiedereintritt der Totenstarre

  • Pharmakologische Erregbarkeit der Pupille

[LINK AUF INFORMATIONEN UND FORMULARE ZUR TODESZEITEINSCHÄTZUNG]

Kontakt
Verantwortliche Personen

Verantwortliche Personen

Roland Hausmann

Prof. Dr. med. Roland Hausmann

  • Medizinischer Dienst

    Rechtsmedizin

    Das Institut für Rechtsmedizin führt medizinische und naturwissenschaftliche Untersuchungen hauptsächlich im Auftrag der Polizei und Justiz durch. Die gewonnenen Erkenntnisse dienen der Rechtspflege und tragen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit bei. Die Dienstleistungen können konsiliarisch, aber auch von Spitälern und anderen medizinischen Einrichtungen genutzt werden.

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Unsere Standorte

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An folgenden Standorten sind wir tätig. Informieren Sie sich über allgemeine Informationen zu unseren Standorten wie Anreise und Arealpläne.​​​​​‍​‍‌‍‍‌‌‍‍‌​‌‌​‌‍‍‌‌‌​‌‌‌‌‌​‌‍‌‌‌‌‌‍​‌‍‌‍​‌‍​‌‌‌​‌‍‍‌‌‍‌‍‍‌​‌‌‌‍​‌‍‌‌‌‍​‌‌‍‌​​‍​‍