Elke Hindelmeyer - Alle Fäden zusammenführen —
Als Projektmanagerin klinischer Studien hält Dr. rer. nat. Elke Hiendlmeyer unzählige Fäden in der Hand und muss öfter das akribische Studienprotokoll verteidigen. Das Wichtigste sei die Kommunikation.
«Ich bin promovierte Biologin, sehr neugierig und offen für Neues und Menschen. Ohne diese Offenheit und mein medizinisch-wissenschaftliche Interesse wäre ich vor zwölf Jahren vermutlich nicht als Projektmanagerin für Klinische Studien in die Clinical Trials Unit (CTU) des Medizinischen Forschungszentrums gekommen. Im Nachhinein gesehen war das ziemlich blauäugig: Damals hatte ich abgesehen vom Monitoring klinischer Studien und dem Schreiben von Studienprotokollen und anderen Dokumenten keinerlei Erfahrung im Projektmanagement.
Ich betrat komplettes Neuland und sah mich plötzlich konfrontiert mit 25 Prüfzentren in der Schweiz und in Deutschland, mit EU-Recht und Schweizer Recht. Dazu befand sich die Infrastruktur damals noch in den Anfängen. Es ging darum, gemeinsam mit dem ganzen CTU-Team Strukturen aufzugleisen, Prozesse zu finden, die Abläufe in Bahnen zu lenken, Formulare und Dokumente zu erstellen – eine unglaublich intensive Aufbauarbeit, bei der ich sehr viel gelernt habe. Heute können wir alle auf einen riesigen Schatz zurückgreifen, dafür bin ich dankbar.
Abgeschlossen ist der Lernprozess nie. Klar, nach zwölf Jahren macht sich eine gewisse Souveränität bemerkbar. Aber jede Studie ist wieder anders, bietet neue Herausforderungen. Ein Projekt von der ersten Offerte bis zur Publikation der Daten zu begleiten – über Jahre hinweg –, ist eine spannende und sehr vielfältige Aufgabe. Manchmal komme ich mir vor wie eine Spinne, die ihre Fäden präzise in alle Richtungen zieht und darauf achtet, dass keiner reisst.
Bei einer klinischen Studie sind verschiedene Interessensvertreter involviert, und alle haben ihre eigenen Anforderungen und ihren Fokus: Auf der einen Seite die Ethikkommissionen und Swissmedic, auf der anderen Seite Ärztinnen und Ärzte, Juristen, Datenmanager, Wissenschaftlerinnen, Statistikerinnen und die Firmen, die Geld oder Medikamente zur Verfügung stellen. Damit eine Studie überhaupt durchgeführt werden kann, braucht es ein belastbares Studienprotokoll sowie einen gut organisierten und adminstrativen „Überbau“, der den Ablauf regelt, dokumentiert und kontrolliert. Das wiederum bedingt eine ausreichende Finanzierung und eine Kostenkalkulation.
Wir bekommen schon mal zu hören, wir seien pingelig.
Heute denke ich immer häufiger vom Ende her, habe schon bei der Anfrage die Datenauswertung im Blick: Ziel sind belastbare, nachvollziehbare und belegbare Daten nach internationalen Standards zu generieren und Transparenz gewährleisten. Transparenz und Qualitätssicherung bilden das Herzstück jeder Studie. Dafür müssen alle Beteiligten das Studienprotokoll fast schon sklavisch einhalten. Wir bekommen schon mal zu hören, wir seien pingelig, und damit sei den Patientinnen und Patienten nicht geholfen. Stimmt! Wir müssen pingelig sein, sonst leidet die Qualität und die erhobenen Daten sind nicht miteinander vergleichbar. Das wäre dann so als würde man Äpfel mit Birnen vergleichen. Auch wäre es den Studienteilnehmern gegenüber höchst unethisch – sie nehmen doch ein gewisses Risiko in Kauf.
Hier ist eine gute Kommunikation gefragt. Gelingt es mir, den Ärztinnen und Ärzte auf Augenhöhe und mit Verständnis für ihre Situation zu vermitteln, weshalb die oft zeitraubenden administrativen Zwänge nötig sind, fliegt die Sache. Wenn sich irgendwo im Zeitplan etwas verschiebt, ist das wie Domino. Zum Beispiel verzögert sich die Freigabe des Medikaments, aber die Patientin steht schon bereit. Dann bin ich als Troubleshooterin gefordert.
Wir arbeiten hauptsächlich digital, doch ganz ohne Aktenordner geht es nicht. Aus rechtlichen Gründen legen wir noch Dokumente aus Papier ab, eine reine Sicherheitsmassnahme. Sonst hat sich in den zwölf Jahren vieles verändert, eines ist geblieben: Ich habe meine Entscheidung nie bereut, im Gegenteil. Ich schätze die offene und familiäre Atmosphäre, die Nähe zu den Kliniken und die ausgezeichnete Vernetzung mit anderen Forschungszentren.»